Erstellt von Quantentechnologien

Fabian Edel über Nachhaltigkeit in Photonik und Quantentechnologien

Bild: Pixel-Shot - stock.adobe.com / Bearbeitung VDI Technologiezentrum GmbH

Photonik und Quantentechnologien gelten als Schlüsseltechnologien der Zukunft – auch im Hinblick auf Umwelt- und Klimaschutz. Doch wie kommen vielversprechende Ansätze aus der Forschung in die Anwendung? Und wie gelingt der Austausch zwischen hochspezialisierten Fachrichtungen? Fabian Edel gibt Einblicke in die Chancen und Herausforderungen einer interdisziplinären Zusammenarbeit an der Schnittstelle von Technologie und Nachhaltigkeit.

Herr Edel, was haben Quantentechnologien und Photonik überhaupt mit Nachhaltigkeit zu tun?

Beim Thema Quantentechnologien geht es um mehr als nur Quantencomputer. Vor allem die Quantensensorik birgt riesige Potenziale für die Verbesserung der Nachhaltigkeit. Mit ihr können wir physikalische Größen wie Magnetfelder, Temperatur, Beschleunigung oder auch bestimmte Stoffkonzentrationen (wie bspw. PFAS im Abwasser) extrem präzise messen – und zwar mit einer Genauigkeit, die klassische Sensoren oft nicht erreichen. Für Nachhaltigkeitsanwendungen kann das ein echter Gamechanger sein: So erlauben hochsensible Quantensensoren beispielsweise die Messung kleinster Abweichungen von Gravitationskräften – daraus lassen sich bspw. Rückschlüsse auf die Veränderung des Grundwassers in Böden ziehen. Das ist etwa für die Landwirtschaft oder das Wassermanagement von großer Bedeutung.

Die Photonik ist dabei ein echter Möglichmacher: Sie liefert nicht nur die Grundlage für klassische optische Sensorik, sondern stellt auch zentrale Komponenten für viele Quantensensoren bereit – etwa hochpräzise Laserquellen, Interferometer oder photonische Chips. Sie ermöglichen es, selbst kleinste Veränderungen in einem physikalischen System messbar zu machen oder komplexe optische Strukturen zu miniaturisieren und auf kleinstem Raum zu integrieren – ein entscheidender Faktor für mobile Systeme beispielsweise zur Umweltüberwachung.

Was muss noch besser werden, damit solche Anwendungen schneller die Marktreife erreichen?

Eine große Herausforderung ist sicherlich, dass die spezifisch quantentechnologischen Lösungen für die Nachhaltigkeit noch in den Kinderschuhen stecken – auch wenn sich schon viel getan hat. Es gibt zwar zahlreiche Ideen für revolutionäre Anwendungen, aber die einzelnen Komponenten müssen in vielen Fällen erst noch entwickelt werden. Und das braucht Zeit.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Quantencommunity im Vergleich zu etablierten Industrien – etwa der Photonikbranche – noch relativ klein ist. An vielen Stellen würde sie von gezielter Vernetzung und dem damit verbundenen Austausch von Ideen und Kompetenzen profitieren. Die Verbundforschung, wie sie vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt gefördert wird, ist hier ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, um die gemeinsame Entwicklung von Anwendungen voranzutreiben.

Ihr Projekt Quanderland versucht unter anderem, genau dieser Herausforderung zu begegnen. Wie machen Sie das?

Ja, genau.Quanderland wird im Rahmen einer Förderrichtlinie des Bundesministeriums für Forschung, Technologie und Raumfahrt unterstützt, die speziell auf die Entwicklung quantentechnologischer und photonischer Systemlösungen für nachhaltige Anwendungen abzielt. Hierbei nimmt Quanderland eine besondere Stellung unter den geförderten Projekten ein, da wir als Begleitforschung die anderen Vorhaben in diesem Bereich unterstützen. Wir möchten die Verbünde besser vernetzen und auch weitere Anwendungsfälle für die Technologien identifizieren, die in den Projekten entwickelt werden. Wir wollen zeigen, welches Potenzial in Photonik und Quantentechnologien steckt – und gemeinsam mit den Partnern aus dem Nachhaltigkeitsbereich daraus greifbare Lösungen für reale Herausforderungen entwickeln. Das schafft nicht nur neue Märkte und zusätzliche ökonomische bzw. ökologische Nutzen. Die enge Zusammenarbeit mit den Akteuren kann auch die Skalierung neu aufkommender Photonik‐ und Quantentechnologien beschleunigen und ihren Durchbruch ermöglichen.

Wie sehen konkrete Maßnahmen in Ihrem Projekt aus?

Zum einen bauen wir ein aktives Netzwerk auf – sowohl innerhalb der vom Bundesministerium geförderten Projekte als auch darüber hinaus. Dafür organisieren wir regelmäßig Formate wie Makeathons, Science Camps oder Netzwerkveranstaltungen, um Menschen mit unterschiedlichstem Know-how zusammenzubringen und einen echten Austausch zu ermöglichen. Zusätzlich arbeiten wir an einer digitalen Plattform, die als zentrale Anlaufstelle für Fragen, Diskussionen und Kooperationen dienen soll – eine Art Facebook für Quantenexpertinnen und -experten.

Ein zweiter zentraler Bereich ist natürlich das Thema Nachhaltigkeit. Die geförderten Projekte adressieren nicht nur zentrale Herausforderungen in diesem Bereich – auch die Technologien selbst sollen nachhaltig sein. Deshalb begleiten wir die geförderten Projekte etwa durch sogenannte Quick Checks, um bereits frühzeitig die ökologischen Auswirkungen neuer Technologien zu reflektieren – etwa mithilfe von Life-Cycle-Assessments. So wollen wir sicherstellen, dass nachhaltige Anwendungen nicht nur technisch möglich, sondern auch ökologisch sinnvoll sind.

Und schließlich wollen wir das Thema gezielt nach außen tragen und aus der Fach-Bubble herausholen. Neben der Fachcommunity sprechen wir bewusst auch Menschen außerhalb der Szene an – etwa mit mobilen Formaten oder Aktionen in Fußgängerzonen. Dabei geht es uns nicht nur darum, Neugier zu wecken oder Verständnis zu fördern, sondern auch um frische Perspektiven: Gerade aus eher fachfremden Blickwinkeln entstehen oft spannende, neue Ideen für potenzielle Anwendungsfelder, auf die man innerhalb der Community vielleicht gar nicht gekommen wäre.

Was begeistert Sie persönlich an Quanderland?

Mich begeistert an Quanderland, dass ich hier ganz unmittelbar mit neuen Ideen und Technologien arbeiten kann. Ich komme aus dem Bereich der Bewertung von Produktideen mithilfe früher Prototypen – ein Ansatz, der Innovationen greifbar und ihr Potenzial frühzeitig einschätzbar macht. Genau diese Perspektive fließt auch in Quanderland ein: Es geht darum, Neues zu denken, zu bewerten und weiterzuentwickeln. Mitzuerleben, was die anderen entwickeln, wie sie die Technologien raffinieren, und grundsätzlich zu sehen, welches Potenzial Quantentechnologien und Photonik haben – das macht einfach Freude. Ich freue mich jetzt schon auf den Moment, wenn wir in zwei, drei Jahren sehen, was aus all diesen Ideen geworden ist.

Gleichzeitig hoffe ich, dass es uns gelingt, Quantentechnologien bzw. Photonik mit Nachhaltigkeit zu verbinden. Wenn daraus neue Anwendungsfelder, neue Forschungsfragen und eine breite, vernetzte Community entstehen, war Quanderland für mich ein voller Erfolg.

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Dr.-Ing. Fabian Edel ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO in Stuttgart und beschäftigt sich in seiner Arbeit mit den frühen Phasen des Innovationsprozesses. Insbesondere untersucht er die Darstellung neuer Produktideen mit schnellen und einfachen prototypischen Umsetzungen. Dabei stehen die Nutzung dieser frühen Prototypen sowie die Implementierung von Nachhaltigkeit und Kreislaufzielen im Vordergrund. Er studierte Maschinenwesen mit dem Schwerpunkt Technologiemanagement in Stuttgart und promovierte im Bereich der Ideenbewertung in den frühen Phasen des Innovationsprozesses an der Universität Stuttgart.
Bild: Fraunhofer IAO